100.000 sind es in Deutschland. Flüchtlinge die ihre Heimatländer verlassen und in der Hoffnung auf ein neues sicheres Leben in die Bundesrepublik reisen. Doch anstatt dieses beginnen zu können, wartet auf sie ein jahrelanger Prozess der Asylbewerbung, die meist in Abschiebungen enden. Die Eloquent-Redaktion besuchte für einen Tag das Asylanten-Wohnheim Hof Reith, sprach mit ehemaligen Flüchtlingen und erfuhr was es bedeutet ohne Heimat zu leben.

Inmitten von blühenden Feldern und Wiesen befindet sich am Rande Schlüchterns die Gemeinschaftsunterkunft für ausländische Flüchtlinge. Auch Hof Reith selbst, der bis 1985 als Schülerheim des Ulrich-von-Hutten Gymnasiums diente, besteht aus einer großflächigen Anlage und vier Gebäuden, in denen die Asylbewerber leben. Wir werden bei unserem Besuch von vielen lächelnden Gesichtern und spielenden Kindern begrüßt.

Derzeit sind 110 Menschen aus 22 verschiedenen Nationen wie dem Irak, Iran, Somalia und Afghanistan in 1- bis 5-Bett-Zimmern untergebracht. Wer in Deutschland einen Antrag auf politisches Asyl stellt, wird während dessen Überprüfung in einer solchen Unterkunft untergebracht. Dies kann teilweise Jahre dauern und nur knapp 2% bekommen tatsächlich eine Anerkennung als Asylberichtigte, ein Fünftel der Flüchtlinge bleibt allerdings mit einer sogenannten „Gewährung auf Flüchtlingsschutz“ im Land. Auch von den abgelehnten Fällen können einige nicht mehr abgeschoben werden, weil sie ihren Pass verloren haben oder von ihrem vermeintlichen Heimatland  nicht als Mitbürger anerkannt werden. Der Staat ist verpflichtet, Flüchtlinge zu versorgen und sie so in Deutschland zu verteilen, dass die Kapazitäten aller Heime gleichmäßig belastet  sind. Die Kapazität von Hof Reith beträgt 140 Betten und ist somit n icht voll ausgelastet, denn die Asylanträge sind seit dem Jahr 1992 stetig zurückgegangen.

Asylberechtigte erhalten Unterstützungen wie etwa Arbeitslosengeld II und weitere Sozialleistungen. Außerdem finanzieren der Staat bzw. die Kirchengemeinden einen Sprachkurs sowie einen Integrationskurs, in dem deutsche Geschichte, Politik und K ultur vermittelt wird. Wer eigentlich abgelehnt wurde, aber trotzdem bleibt, soll in Deutschland nicht integriert werden, erhält kaum finanzielle Hilfe und hat keine Möglichkeit, an einem Sprachkurs teilzunehmen. Einige Ausreisepflichtige leben seit Jahren auf Hof Reith, weil niemand sie zwingt, in ihr Land zurückzukehren, und sprechen kaum Deutsch.

Das Leben hier erscheint trotzdem vielen besser als ihr altes. Eine Besichtigung der Zimmer zeigt, dass die Menschen sich eingelebt haben. Zusätzlich zu den Gemeinschaftsbädern und –küchen stehen hier jedem bescheidene 6m2 Wohnfläche zu, doch wie uns eine afghanische Familie zeigt, werden diese mit den zur Verfügung stehenden Mitteln persönlich und mit Liebe zum Detail gestaltet. Die Flure, die hauptsächlich in grau und weiß gehalten sind, sowie die Sanitäranlagen bedürfen allerdings schon seit längerem einer Renovierung. Das Geld hierfür wurde beim Main-Kinzig-Kreis bereits beantragt, 50000 Euro sollen demnächst in die Sanierung fließen.

Trotz aller Bemühungen bleiben die meisten Bewohner Hof Reiths isoliert. Die Kinder besuchen zwar den Kindergarten oder die Schule, aber die Nachmittage verbringen sie eher mit ihren Freunden aus dem Asylantenheim. Kaum einer der Erwachsenen arbeitet und die Verständigung fällt vielen noch schwer. Besuch gibt es kaum, lediglich zwei Hausmeister und Verwaltungsbeamte kommen mehrmals in der Woche vorbei.

Al Slumman schreibt stolz seinen Namen in lateinischen Buchstaben auf ein Blatt Papier. Der Iraker verständigt sich nur mit einigen Brocken Deutsch und Englisch, ist aber dankbar für die ärztliche Versorgung, die er hier erhält, und lobt Gott.

Susanne, Jasmin und Hanie sind Freundinnen. Susannes Familie kommt aus Armenien und lebt seit neun Jahren auf Hof Reith, sie spricht perfekt Deutsch und dolmetscht für uns. Ihr Vorbild ist Hannah Montana und am liebsten trinkt sie Kinderkaffee.

Mohammed, 18, ist Somalier und erst seit wenigen Monaten hier. Er hat keinen Kontakt zu seiner Familie, weiß nicht mal, ob sie überhaupt noch lebt. Trotzdem ist er zuversichtlich: Erstmal feuert er die deutsche Nationalmannschaft an, später hofft er, an einer Schule angenommen zu werden und eine eigene Wohnung zu finden.

Franziska Mock

Hannah-Lena Schmidt